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  • AutorenbildHans J. Betz

Asylantenschiffe


Der Liegplatz der River Diamond am stadtnahem Sportfischersteg neben der Fisch-Versteiegerung.
Der Liegplatz der River Diamond am stadtnahem Sportfischersteg neben der Fisch-Versteiegerung.

Harlingen: Die Wohnungsnot in den Niederlanden ist groß, etwa vergleichbar mit der Situation in den 40er- und 50er Jahren nach dem 2. Weltkrieg, als im ganzen Land nur das Wohnen auf dem Wasser die Not lindern konnte. Was heute mit Luxus und Lebensstil in Verbindung gebracht wird, galt damals als ärmlich. Auch in den Niederlanden müssen täglich große Flüchtlingsströme bewältigt werden. Die erste Anlaufstelle dabei ist Ter Apel bei Groningen wo die Asylsuchenden registriert werden, um anschließend landesweit Asylzentren zugeteilt zu werden. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen echten Asylsuchenden und so genannten „Veiliglandern“. Die erste Gruppe hat Recht auf Asyl, während „Veiliglander“, also Menschen aus sicheren Ländern wie etwa Marokko, Tunesien oder Algerien, die kein Bleiberecht erhalten. Der Zustrom hat dazu geführt, dass die Anlaufstelle in Ter Apel überfordert war und teilweise noch immer ist. Deshalb mussten auch im September noch viele Menschen bei Ankunft in Ter Apl im Freien übernachten. aber sich auch unerlaubterweise in Wohnmobilen und Wohnwagen von Anwohnern einen Schlafplatz nahmen. Unmittelbar nach der Registrierung in Ter Apel müssten die Ankommenden in die landesweiten Asylzentren verteilt werden. Doch diese sind mittlerweile so überfüllt, dass nach Alternativen gesucht werden muss. Dass Messehallen keine Lösung sind, liegt auf der Hand. Deshalb werden immer mehr Fluss-Kreuzfahrtschiffe, Fährboote und Kreuzfahrtschiffe angemietet, die den Asylanten Unterdach bieten. Harlingen erhält mit dem Fluss-Kreuzfahrtschiff River Diamond ab dem 1. November 2022 einen zeitlich auf 6 Monate begrenzten Krisen-Notempfang für 170 Personen aus Ter Apel. Damit ist man in einer ähnlichen Situation wie vor 60 Jahren, nämlich dem Wohnen auf dem Wasser. Dass dies keine Dauerlösung ist, liegt auf der Hand. Deshalb sollen anerkannte Flüchtlinge, im Amtsniederländisch „Statushouder“ genannt, schnellst möglichst Wohnungen zugewiesen werden. Allerdings führt dies zu Unmut unter der Bevölkerung, wenn etwa wie in Utrecht während 6 Wochen Wohnungen durch einen Regierungsbeschluss nur an Flüchtlinge abgegeben werden durften, während junge Niederländerinnen und Niederländer einige Jahre auf eine kommunale Wohnung warten müssen. Noch größer war kürzlich der Aufschrei unter der Bevölkerung, als in Utrecht „Statushouder“ die eine Wohnung erhielten nicht mehr an ihren Arbeitsplätzen erschienen, dies in der Gewissheit auf eine „Uitkering“ (eine Form von Bürgergeld), ihre Stellen sogar kündigten und so genannte „Huisjefeestjes“ abhielten. Doch auch die Schiffe will eigentlich niemand haben, denn sie liegen nicht selten dort, wo Anwohner in ihrer Ruhe gestört werden. Außerdem müssen auch die religiösen Gegebenheiten berücksichtigt werden.


Bei Gästen und Touristen wenig bekannt ist, dass sich von Overijssel bis nach Zeeland der so genannte Bibelgürtel mit zahlreichen religiösen Gemeinschaften erstreckt. In Ortschaften wie Staphorst, Genemuiden, Barneveld, Hardingsveld-Giessendam und anderen Gemeinden wird hauptsächlich Christen Unie gewählt und der Sonntag ist noch immer der Tag des Herrn. Radfahren oder andere Tätigkeiten sind zwar nicht verboten, werden jedoch nicht gerne gesehen. Viele Binnenschiffer aus dem Bibelgürtel fahren an Sonntagen nicht und sogar Messestände bleiben geschlossen. Die Skepsis gegenüber Fremden ist im Bibelgürtel besonders groß und sogar innerhalb von Dörfern gibt es unsichtbare Gräben.


In Harlingen wurde für die River Diamond mit einem stadtnahem Liegeplatz am Sportfischersteg in der Nähe der Fisch-Versteiegerung jedoch eine gute Lösung gefunden. Dies dokumentiert sich auch aus den Reaktionen aus der Bevölkerung, die durchaus positiv sind.


Anmerkung der Redaktion: WasserSport in Nederland ist ein Wassersport Blog. Wir versuchen jedoch auch Hintergrundwissen zu vermitteln, damit der Gast entsprechende Situationen zu begreifen vermag.

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