Hans J. Betz
Ein interessanter Leserbrief
Hallo WIN, Hallo Herr Betz! Seit vielen Jahren fahren wir in die Niederlande in Urlaub und seit mehr als zwanzig Jahren nach Friesland um dort Boote zu chartern. WIN hat uns dabei zuerst in Papierform und dann später auch in elektronischer Form begleitet. Das Foto von dem Kanal in Joure kam mir sofort bekannt vor. Zum einen, weil uns dort ein paar Meter entfernt Richtung Jachthafen des nachts einmal ein großer Kugelfender vom Boot geklaut wurde, aber auch weil wir schon einige Male für ein paar Stunden dort vor der Brücke festgemacht haben. Wir sind nicht mehr so gut zu Fuß und der Weg vom und zum Jachthafen in die angrenzende Fußgängerzone ist gerade mit Einkäufen doch ziemlich weit. Wir haben dort noch nie ein Schild "niet afmeren" oder ähnliches gesehen. Ist das (kurzzeitige) Festmachen dort verboten? Oder bezieht sich der Artikel nur auf "Grillmeister" in ungepflegten Booten? In Heeg gibt es unweit vom dortigen Supermarkt eine ähnliche Stelle kurz vor der festen Brücke am Jachthafen. Dort darf nur tagsüber festgemacht werden. Eine sinnvolle Lösung gerade für "Gehbehinderte" wie wir finden. Abgesehen davon gehört schon einige Ignoranz dazu wenn mitten einer schönen Ortschaft der Grill angeworfen wird. Am besten noch mit Holzkohle und Spiritus. Ansonsten alles Gute und weiter so, WIN. Wir würden uns über mehr Artikel, die gerade auch die gute Seemanschaft betreffen, freuen. So wird heute gerne mal an Wassertankstellen übernachtet oder an Brücken oder Schleusen an den anderen Wartenden mit einem Grinsen vorbei gefahren um Erster zu sein. Wie wir beobachtet haben, sind das dann oftmals Boote die zwar in Friesland gechartert sind aber am Heck irgendwelche anderen Flaggen gehisst haben. Oder ist der Anteil an Booten die direkt aus der Schweiz nach Friesland kommen in letzter Zeit überproportional gestiegen? Liebe Grüße aus Lippe, Familie Helms
Hallo Familie Helms,
Recht herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Festmachen in Joure ist an besagter Stelle erlaubt. Auch wir haben dort einige Male an Bord übernachtet. Aufgefallen ist uns, dass die Polizei öfters vorbeischaut und auch mit der Taschenlampe ins Boot leuchtete. Gemäß unseren Informationen möchte man das im Artikel erwähnte Publikum und deren Boote an dieser Stelle nicht haben. Die Gemeinde Fryske Marren, wozu auch Joure gehört, sucht deshalb nach geeigneten Liegeplätzen für dieses „Publikum“.
Vordrängen bei Brücken oder Schleusen und auch das Übernachten an nicht zulässigen Stellen ist ein Frage des Respekts. In unserer (Wohlstands) Gesellschaft nimmt leider die Respektlosigkeit immer mehr zu. Zur Flaggenführung wurde schon viel geschrieben. In den vergangenen 30 Jahren auch von mir und ich bin deswegen schon verschiedentlich angegangen worden. Grundsätzlich gilt: Die Nationale auf einem niederländischen Charterboot darf niemals durch eine andere Flagge ersetzt werden. Flaggen und Banner von Fußballvereinen oder Brauereien sind verpönt, haben nichts mit Seemannschaft zu tun und ziehen die „Rijkspolitie te water“ magisch an. Eine Deutsche Nationale oder eine Schweizer Flagge am Heck, in Kombination mit einem niederländischen Heimathafen beispielsweise Heeg oder Venlo, sind ebenfalls ein Unding. Beide Orte liegen weder in der Schweiz noch in Deutschland. Einige logische Beispiele: Verschiedene niederländische Reeder haben ihre Flussschiffe im Rheinschifffahrtsregister in Basel registriert. Am Heck weht die Schweizer Flagge und Heimathafen ist nicht etwa Rotterdam, sondern Basel. Auf dem Rhein verkehren sogar Ausflugsschiffe unter der Flagge von Malta. Heimathafen ist nicht etwa Köln, sondern La Valetta, die Hautstadt von Malta. Oder führen wir den türkischen Staatsbürger aus Saarbücken an der unter türkischer Flagge mit seinem Wohnboot Saar, Mosel oder die Kanäle Frankreichs befährt. Sowohl die Wasserschutzpolizei als auch die „Police Fluviale“ hätten was dagegen. Leider tolerieren die niederländischen Behörden, warum auch immer, falsche Flaggen/Heimathafen Kombinationen.
Zum Schluss noch zu Ihrer Frage über immer mehr Schweizer in den Niederlanden. Nun, Schweizer Bootseigner haben ein großes Problem, denn an den Gewässern in der Schweiz übersteigt die Nachfrage das Angebot. Einerseits werden die für Schweizer Verhältnisse relativ günstigen Liegeplätze innerhalb der Familie weiter gegeben. Andererseits sind Bootsplätze von privaten Hafenbetreiber für Normalverdiener kaum bezahlbar. Deshalb weichen Schweizer Bootseigner nach Frankreich, Deutschland oder auch in die Niederlande aus. Selbst mit Flugkosten und Winterlager ist dies nicht selten günstiger, wie ein Liegeplatz an einem schweizerischen See.