Ich kenne Rotterdam seit meiner Kindheit. Und seither ist schon viel Wasser über die Maas in Richtung Nordsee geflossen. Heute erstrecken sich die Hafenanlagen weit über Hoek van Holland hinaus, haben sich mittlerweile mit riesigen Terminals auf den Maasvlakten 1 und 2 angesiedelt. Rotterdam war einst ein Fischerdorf das im 14. Jahrhundert auf einer Landaufschüttung (Dam) und an der Mündung des Flüsschens Rotte in die Maas errichtet wurde. In der Periode bis 1870 entstanden die Häfen die sich heute im Stadtzentrum befinden, jedoch kaum mehr Umschlagaktivitäten aufweisen. Namentlich sind dies Haringvliet (1529), Blaak und Nieuwe Haven (1579), Leuvehaven (1598), Wijnhaven und Scheepsmakershaven ( 1613), Bierhaven, Glashaven und Boompjes (1641). Bis 1870 war Rotterdam vor allem Handels- und Stapelhafen. Die Stadt war bereits damals eine Hochburg für Schiffsausrüster und Schiffbau. Die ökonomische Basis für Hafen und Stadt bildeten Gewerbetreibende, die Grundstoffe weiter verarbeiteten. Holzsägereien sowie Brennereien (Branntwein und Genever) waren bis um 1900 wichtige Arbeitgeber. Mit dem Bau des Nieuwe Waterweg (1866 – 1872) bekam Rotterdam eine direkte Verbindung mit der Nordsee, was für die weitere Hafenentwicklung sehr vorteilhaft war. In der Folge entstanden zischen 1874 und 1922 Spoorweghaven, Rijnhaven, Maashaven und Waalhaven. Damit wären wir bei den historischen Häfen im Zentrum angelangt, die es zwar noch gibt, jedoch heute teilweise andere Funktionen haben wie noch vor 50 Jahren. So werden etwa das Rijn- und Maashavengebiet immer mehr zu Freizeit- und Erholungszonen, verlieren dadurch ihre eigentliche Funktionen als Handels- und Umschlagshäfen. Wie groß die Bedeutung dieser Häfen einstmals war verdeutlicht der strenge Winter von 1963, als in beiden Häfen die Binnenschiffe im Eis festfroren und es im Hinterland zur Versorgungsproblemen kam. Große Seeschiffe, mit Ausnahme von Kreuzfahrtschiffen, machen kaum mehr in den Zentrumshäfen fest, wo um 1960 noch Seeschiffe ihre Ladungen löschten, Seeleute an Land gingen und sich in den Lokalen auf der Halbinsel Katendrecht, heute ein modernes und steriles Wohnquartier, vergnügten. Zeitzeugen erzählen noch immer Geschichten über das legendäre Walhalla, einem Tanzschuppen wo noch nach alt holländischer Sitte mit Bier und Genever getränkte Teppiche auf den Tischen lagen und sich mehr oder weniger angetrunkene Paare unter Begleitung eines 2-Mann Kapelle über das Parkett schoben. Die Halbinsel Katendrecht war übrigens während der Besetzung von 1940 bis 1945 für Wehrmacht Angehörige eine Verbotszone, wurde zu Lande und zu Wasser abgeriegelt und konnte sich deshalb zu einem Zentrum für den Widerstand und „Untertaucher“ etablieren. Das alles gehört mit zur Historie der Zentrumshäfen am linken Maasufer. Am rechten Maasufer wiederum herrschte Aufbruchstimmung, beseitigte man die Lücken die der 2. Weltkrieg verursachte. Ein deutliches Zeichen für den Aufbruch war die Floriade von 1960 und der im gleichen Jahr eröffnete Euromast, der mittlerweile seine Eigenschaft als Wahrzeichen der Stadt an die Erasmusbrücke abgeben musste. Damit wären wir eigentlich wieder am Anfang dieser Geschichte angelangt, der Bezeichnung „Manhattan an der Maas“. Tatsächlich hat Rotterdam so viele „Skyliner“, wie kaum eine andere Stadt in Europa. Versicherungen, Banken, Handelsgesellschaften, aber auch Wohnungen für gut Betuchte befinden sich in den turmhohen Gebäuden. In einer weiteren Geschichte beleuchten wir Rotterdam von der touristischen Seite aus, stellen Orte ins Rampenlicht die man unbedingt besuchen sollte.
Anmerkung der Redaktion: Die Häfen für die Berufsschifffahrt im gesamten Hafengebiet von Rotterdam dürfen von der Freizeitschifffahrt nicht befahren werden.
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